„Meet a Jew“ an der Goetheschule Dieburg

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 Eine Begegnung der besonderen Art!

„Wer von euch hat schon mal einen Juden getroffen?“, fragen die Freiwilligen Neala (19) und Alexandra (35) von Meet a Jew, die von Frankfurt und Darmstadt angereist sind. Vorsichtig melden sich zwei SchülerInnen der Klasse G10b. Die restlichen 24 SchülerInnen schütteln den Kopf.

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Genau deshalb ist eine solche Begegnung äußerst wertvoll!

Statt klassischem Politik- und Geschichtsunterricht stand heute ein Gespräch im Stuhlkreis auf dem Stundenplan der Klassen G10b und G10d. Ziel der 90-minütigen Einheit war es, den Lernenden das Judentum näher zu bringen und Vorurteile abzubauen. Dabei durften die Zehntklässler die Gäste mit allen Fragen löchern, die ihnen auf der Seele brannten:

  • Welcher Feiertag ist euer Lieblingstag?
  • Wie wurdet ihr von euren Eltern erzogen?
  • Wie funktioniert eigentlich der jüdische Kalender?
  • Warum tragen manche Juden Schläfenlocken?
  • Und: Wie steht das Judentum zu LGTBQ?

Die beiden Freiwilligen begegneten den Klassen auf Augenhöhe und hatten auf alle Fragen eine Antwort. Zum Teil berichteten sie von unterschiedlichen persönlichen Erfahrungen, was die Begegnung noch interessanter machte. Mit großem Interesse verfolgten die SchülerInnen die Berichte über Antisemitismus-Erfahrungen. Neala erklärte den Unterschied zwischen institutioneller und interpersoneller Diskriminierung. Laut Einschätzung der beiden Freiwilligen gibt es strukturell für sie keine Benachteiligung in Deutschland. Das Judentum habe in Deutschland durch den Zentralrat der Juden ein sehr gutes Sprachrohr. Diskriminierungen, wie andere Minderheiten sie erfahren müssen, gebe es auf der Verwaltungsebene nicht. Auffällig seien jedoch die Anfeindungen in Alltagssituationen. Während Neala von „Judenwitzen“ und Kränkungen während ihrer Schulzeit erzählt, berichtet Alexandra von körperlichen Angriffen aufgrund des Davidstern-Ohrrings. Einerseits seien sehr viele positive Entwicklungen – gerade in der Schulbildung – zu verzeichnen, andererseits bemerkt Alexandra jedoch Tendenzen, die Antisemitismus und Diskriminierung „sagbarer“ machen. Beide nehmen dabei Bezug auf die rechten Tendenzen der Politik und der „Querdenker-Szene“. Einen Davidstern mit „ungeimpft“ zu tragen und sich in die Fußstapfen von Sophie Scholl zu stellen, kritisieren die Freiwilligen scharf.

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Die 90-minütige Begegnung verging für beide Gymnasialklassen wie im Flug. Ein Koffer der Religionsfachschaft mit Gegenständen und Symbolen des Judentums bot weitere Gesprächsanlässe. Mit zahlreichen neuen Eindrücken, Überraschungen und Einsichten verließen die Zehntklässler den Unterricht. Der Grundsatz „Die Welt besser hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben“, ist auch am Nachmittag noch präsent. Für die betreuende Lehrkraft Sina Lannert steht fest: Es wird nicht die letzte Begegnung mit Meet a Jew sein! Sie ist fest überzeugt, dass solche persönlichen Begegnungen einen weitaus größeren Mehrwert darstellen, als es Bücher und Filme leisten könnten.